Der Nachrichtensender n-tv hat am 4. April 2003 Umfrageergebnisse des Instituts
Emnid zur Sonntagsfrage veröffentlicht.
Richtig gelesen sehen diese Ergebnisse so aus:
CDU/CSU | SPD | Bündnis90/Grüne | FDP | PDS |
42 - 58 | 29 - 35 | 9,5 - 12,5 | 4,5 - 7,5 | 2,5 - 5,5 |
Die präsentierten Zahlen (CDU/CSU 45, SPD 32, FDP 6, Grüne 11 und PDS 4 Prozent) wurden als genaues Abbild der aktuellen Situation dargestellt, von Ungenauigkeiten war keine Rede. Daß die Zahlen von Emnid das Papier nicht wert sind, auf dem sie gedruckt sind, hat sich Emnid sogar notariell bestätigen lassen. Ein Notar zu Bielefeld wurde von Emnid beauftragt, die folgende Prognose
CDU | SPD | Bündnis90/Grüne | FDP |
42,3 - 49,2 | 32,9 - 41,1 | 5,8 - 10,2 | 5,8 - 10,2 |
Hätte Emnid diese Fehlertoleranz nicht unter Verschluß gehalten,
dann hätte die Prognose für den Bund vom 4. April 2003 wie folgt gelautet:
CDU | SPD | Bündnis90/Grüne | FDP | PDS |
40,5 - 47,4 | 27,9 - 36,1 | 8,8 - 13,2 | 3,8 - 8,2 | 1,8 - 6,2 |
Als Lachnummer wunderbar, aber als Umfrageergebnis ungenießbar: Denn es läßt die Möglichkeit offen, daß FDP und PDS an der 5%-Grenze scheitern und Rotgrün vor der Union liegt. Mit dem Eingständnis von riesigen Fehlertoleranzen würde Emnid die Einschaltquote Null einfahren. Weil das nicht Sinne von Emnid ist, wird offenbar vorgezogen, dieses Geheimnis nur mit dem Notar zu teilen.
Die in der gelben Tabelle angegeben Fehlerspannen, die durch die Zufallsauswahl der befragten Wahlberechtigten entstehen, kann man auch als Laie mit Hilfe des Programmes Mißerfolgs-Statistik einsehen und nachvollziehen. Hierfür klickt man das Programm Mißerfolgs-Statistik an und gibt die von Emnid angegebenen Daten ein. Emnid hat für die Umfrage die Telefonnummern von 2271 Wahlberechtigte ausgelost und diese telefonisch befragt. Emnid macht keine Angaben darüber, wieviele davon gesagt haben, daß sie tatsächlich zu wählen beabsichtigen. (Diese Frage wird zwar immer gestellt, aber die Antworten regelmäßig unter Verschluß gehalten.) Es wird deshalb die übliche Wahlbeteiligung von etwa 80% bei Bundestagswahlen angenommen. Man gibt man in der Input-Spalte (linke Seite der Tabelle) die von Emnid angegebenen Parteistärken
CDU/CSU 45, SPD 32, FDP 6, Grüne 11 und PDS 4 Prozent
ein. Im Block oben rechts gibt man als "Anzahl der Wahlberechtigten pro
Umfrage" 2271 an und setzt für die Wahlbeteiligung 80% ein. Um die
Auswirkungen der Zufallsauswahl auf das Umfrageergebnis festzustellen, werden
nun viele solche Auslosungen durchgeführt. Die Anzahl der Umfragen ist
standardmäßig auf 1000 vorgegeben. Wird eine größere Anzahl
gewählt, kann die Berechnung sehr lange dauern. Mit dem Button "LOS"
werden die Auslosungen gestartet. Es werden dann jeweils 2271 Wahlberechtigte
für eine Umfrage ausgelost und die auslosungsbedingten Fehler spaltenweise
angezeigt. So sieht man, daß die Fehler von Umfrage zu Umfrage stark varieren
und von zwischen den sechs Fehlerkategorien hin und her springen. In den beiden
Spalten links sind die Fehler klein (unter 0.5% bzw. 1%), in den beiden Spalten
rechts groß (über 3% bzw. 4% für große Parteien und die
Hälfte davon für kleine). Man sieht, daß es sehr selten vorkommt,
daß für alle 5 Parteien die Fehler klein sind. Meist ist der Fehler
für mindestens eine Partei beträchtlich. Um die Auslosungen schnell
zu beenden, drücken man den Button "Schnell beenden". Die statistische
Auswertung der Auslosungen für Umfragen ist in der untersten Tabellenzeile
der "Mißerfolgsstatistik" zu finden. Es zeigt sich dann: Während
etwa 70% der Umfragen die Toleranzen von plus/minus zwei Prozent für die
großen und plus/minus ein Prozent für die kleinen Parteien einhalten,
halten etwa 95% der Umfragen Toleranzen von plus/minus 3% für die großen
und plus/minus 1.5% für die kleinen Parteien ein. Aber etwa 5% der Umfragen
schaffen nicht einmal das. Mit andern Worten, in jeder 20. Umfrage ist der auslosungsbedingte
Fehler für eine große Partei größer als plus/minus 3,0%
oder für eine kleine Partei größer als plus/minus 1.5%!
Detaillierte Ergebnisse kann man der Tabelle unten auf dieser Seite entnehmen:
Maximale Abweichung
|
eingehalten von | |
für große Parteien | für kleine Parteien | (in Prozent von 100000 Umfragen) |
1,0% | 0,5% | 16% |
1,2% | 0,6% | 26% |
1,4% | 0,7% | 38% |
1,6% | 0,8% | 50% |
1,8% | 0,9% | 61% |
2,0% | 1,0% | 70% |
2,2% | 1,1% | 78% |
2,4% | 1,2% | 84% |
2,6% | 1,3% | 89% |
2,8% | 1,4% | 92% |
3,0% | 1,5% | 95% |
3,2% | 1,6% | 96% |
3,4% | 1,7% | 98% |
3,6% | 1,8% | 98,4% |
3,8% | 1,9% | 99% |
>3,8% | >1,9% | 1% |